02.2015

Ehegattentestament auf den Prüfstand stellen

Viele Ehepartner verfassen ihren letzten Willen gemeinschaftlich als .Berliner Testament*. Dabei lauern erhebliche rechtliche und steuerliche Tücken. Was zu beachten ist und wie Eheleute Vorgehen sollten.

Viele Ehegattentestamente fuhren zu bösen Überraschungen. Beim Ableben eines Ehepartners ist der gemeinsame Besitz als Existenzgrundlage in Gefahr. Denn viele Ehegatten entscheiden sich für das so genannte „Berliner Testament", bei dem das Vermögen im Sterbefall uneingeschränkt auf den Partner ubergeht. Das Problem: Schnell kommt es zu uneiwarteten Pflichtteilsanspruchen der Kinder oder aber zu einer kostspieligen Doppelbesteuerung. Eheleute sollten dringend regelmäßig ihr gemeinschaftliches Testament überprüfen, empfiehlt die Wirtschaftskanzlei WWS aus Monchenglad-bach. Möglicherweise sind weitreichende Anpassungen erforderlich.

Ein Ehegattentestament will gut überlegt sein. „Jede Familiensituation erfordert individuell abgestimmte Regelungen". rät Dr. Stephanie Thomas. Rechtsanwältin und Steuerberaterin der WWS. „Je hoher und vielfältiger die Vermögenswerte sind, desto mehr erb- und steuerrechtliche Aspekte sind zu bedenken." Besonders hoch ist der Handlungsbedarf naturgemäß bei vielen Fuhrungskräften und Unternehmensinhabern. Problematisch ist. dass
ein Ehegattentestament bindend ist. Werden nach dem Tod des Erst verstorbenen Konstruktionsfehler offenbar, kann der Partner die gemeinsamen testamentarischen Verfügungen oft nicht umfassend ändern und an seine neuen Lebensumstände anpassen.

Leicht ubersehen Eheleute beim Berliner Testament, dass sie ihre Nachkommen enterben. Kinder können dann ihren Pflichtteil einfordern, was den überlebenden Ehegatten in große finanzielle Schwierigkeiten bringen kann. „Häufig muss der zurückgebliebene Ehepartner die gemeinsame Immobilie verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können", warnt WWS-Expertin Dr. Thomas. Um dies zu vermeiden, sollte das Testament grundsätzlich eine so genannte Pflichtteilsklausel enthalten. Sie macht es für die Kinder unattraktiv, den Pflichtteil zu beanspruchen. Denn andernfalls erhalten sie nach dem Ableben des zweiten Ehepartners vom gesamten Nachlass ebenfalls nur den Pflichtteil.

Konfliktträchtig in der Familie ist auch, wenn der überlebende Ehegatte wieder heiratet. Leicht befurchten Kinder dann, dass der angeheiratete Partner beim Ableben des Elternteils seinen Anspruch auf den Pflichtteil gel­tend macht. Abhilfe schafft eine so genannte Wiederver­heiratungsklausel die regelt, dass bei einer erneuten Ver­heiratung des überlebenden Gatten die Kinder automatisch ihren Erbteil erhalten.

Vermögenswerte sind für Ehepartner bis zu 500.000 Euro und für Kinder bis zu 400.000 Euro steuerfrei. Auf den darüber liegenden Betrag wird Erbschaftsteuer fällig. Da bei einem Berliner Testament das Vermögen zunächst auf den anderen Ehegatten ubergeht und die Kinder enterbt werden, droht eine tückische Steuerfalle: Der steuerliche Ereibetrag nach dem Erstverstorbenen geht verloren. Wenn die Nachkommen nach dem Tod des zweiten Elternteils erben, erfolgt meist eine doppelte Be­steuerung desselben Vermögens. Zudem besteht auf­grund der Progressionswirkung die Gefahr einer insge­samt höheren Besteuerung. Möglicher Ausweg: Ein aktuelleres Gerichtsurteil des Bundesfinanzhofs (Az. II R 47/11) bietet für Betroffene ein enormes Steuersparpo­tenzial. „Erben können ihren Pflichtteil und damit auch den steuerlichen Freibetrag noch nach dem Tod des zweiten Elternteils rückwirkend retten", betont WWS- Beraterin Dr. Thomas. „Hierzu sollten sich Betroffene mit ihrem steuerlichen Berater abstimmen und gegebenen­ falls rechtzeitig Einspruch beim zuständigen Finanzamt einlegen."

Rat der WWS: Eheleute sollten die Vör- und Nachteile des Berliner Testaments sorgfältig abwägen und Modifi­kationen sowie alternative Losungen in Betracht ziehen. Sollen nach dem Ableben des Erstverstorbenen etwa statt dem Ehepartner die Kinder erben, lässt sich der län­ger lebende Ehegatte mit einem Wohn- und Nieß­brauchsrecht absichern. In jedem Fall aber sollten Betrof­fene einen Experten zu Rate ziehen, der das Testament auf mögliche Schwachstellen hin prüft und die Regelun­gen mit den individuellen Verhältnissen in Einklang bringt.

Quelle: dentalspiegel

 

Korrespondenz mit:

Dr. Stephanie Thomas

Dr. Stephanie Thomas
Rechtsanwältin / Steuerberaterin
Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
Fax: 02166 971-200
E-Mail: sthomas@wws-mg.de

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