06.2019

Gut gewappnet in die Urlaubszeit

Mehrere aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Urlaub ändern die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und -nehmern. Personalverantwortliche sollten sich jetzt mit der neuen Rechtssituation vertraut machen und ihr Urlaubsmanagement entsprechend anpassen.

Der Jahresurlaub gehört zu den wichtigsten Faktoren für die Work-Life-Balance. Denn Freizeit ist nicht nur für das indi­viduelle Wohlbefinden unverzichtbar, sondern auch für die Gesundheit. Dem trägt der Gesetzgeber Rechnung und räumt der Urlaubsgewährung einen hohen Stellenwert ein. Jedoch ist das Arbeitsrecht mit neuen Gesetzen und Gerichtsurteilen kontinuier­lich im Fluss. Arztpraxen haben es nicht leicht, immer auf dem neuesten Stand der Dinge zu sein und den strengen Anforderun­gen gerecht zu werden. Jetzt ist einmal mehr Aufmerksamkeit ge­fragt. Die Rechtsprechung bringt für das Urlaubsmanagement wesentliche Änderungen mit sich. Praxisinhaber sollten die daraus resultierenden Vor- und Nachteile im Blick haben und im Zweifels­fall rechtlichen Rat einholen.

Resturlaubstage

Für Konflikte sorgt immer wieder das Thema Resturlaub. Zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitern ist oft strittig, unter welchen Be­dingungen Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr verfallen können. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt nun klar, dass Arztpraxen ihre Arbeitnehmer klar und transparent darüber informieren müssen, wieviel Jahresurlaub noch besteht und wann der An­spruch darauf hinfällig ist (Az. 9 AZR 541/15).

Da Arbeitgeber die Beweislast tragen, sollte die Information immer schriftlich erfolgen. Firmen sollten sich von ihren Arbeitnehmern quittieren lassen, dass sie den Hinweis zur Kenntnis genommen und verstanden haben. Es empfiehlt sich, die Empfangsbestäti­gung zur Personalakte zu nehmen. Arbeitgeber sind nicht dazu verpflichtet, Mitarbeiter zwangsweise zu beurlauben. Jedoch müs­sen sie ihnen ermöglichen, ihren restlichen Urlaub zu nehmen. Ein Freibrief für Arbeitnehmer ist all dies jedoch keineswegs. Nehmen sie trotz Hinweis vom Arbeitgeber den Resturlaub nicht in An­spruch, verfällt er grundsätzlich am Jahresende oder am Ende des Übertragungszeitraums.

Sonderurlaub

Je nach Lebenssituation können Mitarbeiter auf unbezahlten Son­derurlaub angewiesen sein. Aufgrund eines neuen BAG-Urteils dürften Arbeitgeber nun eher geneigt sein, eine Auszeit über einen längeren Zeitraum zu genehmigen (Az. 9 AZR 315/17). Die Richter gehen davon aus, dass Arztpraxen bei der Berechnung der Ur­laubsdauer Sonderurlaube berücksichtigen können. Die Begrün­dung: Die Vertragsparteien haben während dieser Zeit ihre Haupt­leistungspflichten vorübergehend ausgesetzt. Somit entsteht während des Sonderurlaubs kein regulärer Anspruch auf Urlaub. Arbeitgeber sollten Mitarbeiter vor der Genehmigung von Sonder­urlaub schriftlich über diesen Sachverhalt informieren und sich die Kenntnisnahme beweissicher bestätigen lassen. Nur so können sie Missverständnisse bei der Urlaubsberechnung von vorneherein vermeiden.

Elternzeit

Arbeitstätige in Elternzeit sind für Praxen eine Herausforderung. Das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen und Firmen müssen über­gangsweise für einen adäquaten Ersatz sorgen. Ein aktuelles BAG-Urteil dürfte unter Arbeitgebern für Erleichterung sorgen (Az. 9 AZR 362/18). Zwar befindet das Gericht, dass Mitarbeiter auch während der Elternzeit einen Urlaubsanspruch erwerben.

Im Gegensatz zum Mutterschutz oder Krankheitsfall können Praxen dann jedoch den Jahresurlaub kürzen, und zwar um ein Zwölftel je vollem Kalendermonat der Elternzeit. Vom Recht zur Kürzung ist nicht nur der gesetzliche Mindesturlaub von vier Wochen, sondern auch der vertragliche Mehrurlaub erfasst. Es sei denn, die Vertragspartner haben dafür eine abweichende Re­gelung vereinbart. Um Konflikten vorzubeugen, sollten Arbeit­geber die Urlaubskürzung vor Beginn der Elternzeit aussprechen, und zwar schriftlich. Befinden sich Arbeitnehmer bereits in Eltern­zeit, sollten Firmen die Kürzung umgehend nachholen. Ansonsten könnte bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer die Kürzung unter Umständen nicht mehr während der Kündigungsfrist möglich sein. Der Praxisinhaber müsste dann den Urlaubsanspruch beim Ausscheiden des Mitarbeiters aus­zahlen.

Urlaubsansprüche Verstorbener

Bisher war strittig, wie Urlaubsansprüche Verstorbener zu hand­haben sind. Das BAG hat nun entschieden, dass entsprechende Ansprüche eines Arbeitnehmers nicht mit seinem Tod verfallen (Az. 9 AZR 45/16). Die Erben haben damit ein Anrecht auf Aus­zahlung des nicht genommenen Jahresurlaubs. Doch damit nicht genug: Ihnen steht gegenüber dem Arbeitgeber ein direk­ter Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zu. Praxen sollten Urlaubsvergütungen nur an die Erben gemäß Erbschein auszahlen und ferner immer darauf bestehen, dass ihnen die Erbberech­tigten das Dokument im Original vorlegen.

Quelle: ZMK

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Rebekka De Conno
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht
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