02.2013

Terz mit Tele

Ärzte müssen Diagnosen und Behandlungen per Handy, E-Mail und Co. genau abwägen

Der Kontakt zwischen Arzt und Patient ist über eine wachsende Zahl von Kommunikationsmitteln möglich. Für Ärzte ergeben sich durch die Telemedizin nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Es gibt eine Reihe von Dingen, die Mediziner beachten sollten, damit Patienten, die per Tele-medizin behandelt wurden, nicht ‚lautstark' werden.

In den letzten Jahren haben sich Kommunikationsmittel und Medizintechnik rasant weiterentwickelt. Konzepte der Telemedizin sind immer leichter möglich und umsetzbar Dazu zählt unter anderem auch die ärztliche Diagnostik und Behandlung unter Einsatz von Fernkommunikationsmitteln. Neben Telefon und Fax können Patienten vermehrt über E-Mail oder Internettools mit Medizinern in Kontakt treten. Zudem nutzen immer mehr Menschen Gesundheitsportale im Internet. Sie holen über Online-Angebote eine zweite Meinung oder fachlichen Rat ein (Beispiele: www.vorsicht-operation.de, www.krebszweitmeinung.de, www.DrEd.com).

Angebote der Telemedizin rücken verstärkt in den Fokus der ärztlichen Leistungserbringung. Deshalb hat sich der 113. Deutsche Ärztetag 2010 mit der Thematik beschäftigt und die Umsetzung der vom Vorstand der Bundesärztekammer vorgelegten, Voraussetzungen für gute Telemedizin' befürwortet.

Zur Förderung von Maßnahmen der Telemedizin enthält das Versorgungsstrukturgesetz vom Januar 2012 diverse Regelungen rund um die telemedizinische Behandlung. So soll etwa der gemeinsame Bundesausschuss prüfen, welche ambulanten ärztlichen Leistungen durch Telemedizin erbracht werden können und wie diese zukünftig im einheitlichen Bewertungsmaßstab abzubilden sind. Arzte sollten sich dringend mit der Zulässigkeit der ärztlichen Diagnostik und Behandlung via Fernkommunikationsmittel beschäftigen. Schnell ist die Grenze überschritten.

Unzulässige Fernbehandlung: Grenze ist schnell erreicht

Grundsätzlich erlaubt ist die Erteilung allgemeiner Informationen zu Gesundheitsfragen, sofern kein Bezug zu einem konkreten Patienten oder einer konkreten Krankheitsgeschichte besteht. Auch Anschlussberatungen via Fernkommunikationsmittel sind zulässig, wenn zuvor in einem persönlichen Gespräch eine Untersuchung erfolgte und eine Diagnose gestellt wurde. Dasselbe gilt für die Überwachung von Körperfunktionen über computergestützte Medien (sogenanntes Telemonitoring).

Ist eine ärztliche Diagnose und Behandlung über Fernkommunikationsmittel prinzipiell erlaubt, bestehen inhaltlich keine Beschränkungen. Bei schwerwiegenden oder folgenreichen Diagnosen empfiehlt sich in jedem Fall ein persönliches Gespräch. Benötigt der Patient nach Mitteilung der Diagnose voraussichtlich eine unmittelbare Unterstützung durch den behandelnden Arzt, kann eine persönliche Unterredung sogar Pflicht sein. Der Arzt darf prinzipiell auch Familienangehörige mitbehandeln, etwa wenn eine Frau die Gesundheitsprobleme ihres Ehemanns schildert. Vorsicht: Der Erkrankte muss den Arzt zunächst von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dem Gesprächspartner entbinden und in die Übermittlung von Daten via Fernkommunikationsmittel wirksam einwilligen. Schweigepflichtentbindung wie auch die Einwilligung in die Übermittlung von Daten sollten beim Patienten zum besseren Nachweis schriftlich eingeholt werden.

Selbst eine zulässige Telemedizin kann auf Dauer problematisch sein. Eine feste zeitliche Frist, nach deren Ablauf ein zuvor via Fernkommunikationsmittel behandelter Patient wieder persönlich untersucht wer-den muss, existiert nicht. Doch bei jeder neuen Erkrankung, die nicht durch eine persönliche Untersuchung diagnostiziert wurde, ist der Patient erneut in die Praxis einzubestellen. Dasselbe gilt, wenn sich im Rahmen der Beratung per Telefon oder E-Mail herausstellt, dass sich die diagnostizierte Erkrankung verschlechtert hat. Als Faustregel gilt: Eine persönliche Untersuchung ist dann zu wählen, wenn die medizinische Sorgfalts-pflicht eine Einbestellung des Patienten in die eigene Praxis erfordert. Eine monatelange Behandlung via Fernkommunikationsmittel birgt erhebliche Risiken. Entsteht dem Patienten ein Schaden, kann dies als ärztlicher Behandlungsfehler gewertet wer-den. Ärzte sollten daher genau abwägen, wann sie einen Patienten wieder in die eigene Praxis einbestellen. Die Konsequenzen einer unzulässigen Behandlung über Fernkommunikationsmittel können erheblich sein. Es drohen zivil-, berufs- und straf-rechtliche Folgen. Verletzt der Arzt mit der Behandlung via Fernkommunikationsmittel seine Sorgfaltspflicht, kann der Patient gegen den behandeln-den Arzt gegebenenfalls einen Anspruch auf Schadenersatz geltend machen. Das geplante Patientenrechtegesetz soll die Beweislast weiter erleichtern. Folglich müsste zukünftig in vielen Fällen der behandelnde Arzt beweisen, dass der Schaden auch bei ordnungsgemäßem Verhalten eingetreten wäre.

Zivil-, berufs- und strafrechtliche Folgen drohen

Wird die ärztliche Beratung via Fernkommunikationsmittel als ein Verstoß gegen die Regelung der Berufsordnung angesehen, drohen dem Arzt berufsrechtliche Konsequenzen. Auch strafrechtliche Folgen sind nicht ausgeschlossen. Im Falle einer unzulässigen Fernbehandlung können unter Um-ständen die Straftatbestände der fahrlässigen Körperverletzung und der Verletzung von Privatgeheimnissen erfüllt sein. Dem Arzt droht dann eine Geld- oder sogar Freiheitsstrafe.

Quelle: KTM

 

Portrait & Vita
Oliver Weger
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

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