10.2012

Unfälle mit Sachschaden in der Praxis

Patient beschädigt teures Gerät - was nun?

Beschädigt ein Patient versehentlich ein medizinisches Gerät, ist guter Rat teuer. Wer kommt für den Schaden am Praxisinventar auf? Kann der Praxisinhaber den entstandenen Schaden gegenüber dem Patienten geltend machen? Und wie sollte der Arzt vorgehen? Oliver Weger, Fachanwalt für Medizinrecht der Kanzlei VVWS, klärt über die genauen Umstände auf.

Unfälle mit teils erheblichem Sachschaden können in jeder Praxis passieren, etwa wenn ein nervöser, zittriger oder tollpatschiger Patient im Rahmen der ärztlichen Untersuchung aus Unachtsamkeit ein teures medizinisches Gerät umwirft, fallen lässt oder auf irgendeine andere Weise beschädigt. Wie sieht die Rechtslage aus und wie sollte in solchen Fällen vorgegangen werden?

Haftungsumfang des Patienten

Mit Beschädigung oder Zerstörung von Praxisinventar verletzen Patienten ihre vertraglichen Pflichten aus dem Behandlungsvertrag. Soweit der Patient fahrlässig handelt, d. h. die allgemeine Sorgfaltspflicht außer Acht lässt, hat er dem Arzt grundsätzlich alle entstandenen Schäden zu ersetzen. Hierbei kann es sich um die Kosten für die Reparatur des medizinischen Gerätes oder die Kosten für die Anschaffung eines adäquaten Ersatzgerätes handeln, soweit eine Reparatur nicht möglich oder unwirtschaftlich ist.

Bei Anschaffung eines Ersatzgerätes erhält der Arzt grundsätzlich nur den sogenannten Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt. Dieser setzt sich zusammen aus dem Wiederbeschaffungswert, d.h. dem Kaufpreis für die Anschaffung eines vergleichbaren Ersatzgerätes abzüglich des Restwertes des beschädigten medizinischen Gerätes. Holt der Arzt zur Klärung der Angelegenheit rechtlichen Rat ein, kann er die dem Berater gesetzlich geschuldeten Gebühren dem Patienten in Rechnung stellen.

Private Haftpflichtversicherung

Verfügt der Patient über eine private Haftpflichtversicherung, ist sie gemäß den allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) dazu verpflichtet, den verursachten Schaden auszugleichen. Doch anders als bei der Kfz-Haftpflicht kann der Arzt seinen Schadenersatzanspruch nicht direkt gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend machen. Der Arzt ist darauf angewiesen, dass der Patient den Schaden rechtzeitig seiner Versicherung meldet und diese ihre Eintrittspflicht anerkennt.

Der Arzt sollte den Patienten auf die gesetzliche Haftpflicht hinweisen und ihm empfehlen, den Schaden umgehend seiner Haftpflichtversicherung zu melden. Versicherungsfälle sind der Haftpflichtversicherung grundsätzlich innerhalb einer bestimmten Frist zu melden. Bei Fristüberschreitungen wird der Versicherungsumfang eingeschränkt, im schlimmsten Fall wird die Versicherung von ihrer Zahlungspflicht befreit. Die Frist zur Anzeige des Versicherungsfalles kann unter Umständen nur eine Woche betragen.

Versicherungsschutz bei entliehenen Geräten

Besonders hoch ist die Unfallgefahr bei Leihgeräten wie Langzeit-EKG oder Langzeit-Blutdruckmessgeräten, die Patienten längere Zeit privat nutzen. Beschädigt der Patient ein medizinisches Gerät fahrlässig, steht dem Arzt ebenfalls ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Doch Vorsicht: Meist trägt die Haftpflichtversicherung diese Kosten nicht. Ansprüche für Schäden an Gegenständen, die der Versicherungsnehmer entliehen hat oder die ihm im Rahmen eines Verwahrungsvertrages überlassen wurden, sind meist ausgeschlossen.

Bei Leihgeräten sollten Ärzte ihre Patienten grundsätzlich auf einen möglichen Deckungsschutz ihrer Hausratversicherung hinweisen. Einige Hausratversicherer übernehmen solche Schäden. Ob und inwieweit die Hausratversicherung zur Übernahme des Schadens verpflichtet ist, hängt von den Vereinbarungen zwischen Patient und Versicherung ab. Um etwaige Ansprüche gegenüber dem Patienten zu sichern, sollten Ärzte Leihgeräte direkt bei Rückgabe in Gegenwart des Patienten auf ihre Funktionsfähigkeit prüfen. Hierzu sollte ein Praxismitarbeiter als Zeuge hinzugezogen werden.

Grundsätzlich gilt: Schadenersatzansprüche des Arztes gegen seinen Patienten verjähren mit einer Frist von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt am 31. Dezember des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Arzt davon Kenntnis erlangt hat.

 

Korrespondenz mit

Portrait & Vita
Oliver Weger
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

Zurück