03.2015

Achtung beim "Berliner Testament"

Viele Ehepartner verfassen ihren letzten Willen gemeinschaftlich als „Berliner Testament". Dabei lauern erhebliche rechtliche und steuerliche Tücken. Was zu beachten ist und wie Eheleute Vor­gehen sollten.

Viele Ehegattentestamente führen zu £ bösen Überraschungen. Beim Ableben ; eines Ehepartners ist der gemeinsame Besitz als Existenzgrundlage in Gefahr. Denn viele Ehegatten entscheiden sich für das so genannte „Berliner Testament", bei dem das Vermögen im Sterbefall uneinge­schränkt auf den Partner übergeht. Das Problem: Schnell kommt es zu unerwarte­ten Pflichtteilsansprüchen der Kinder oder aber zu einer kostspieligen Doppelbesteue­rung. Eheleute sollten dringend regelmäßig ihr gemeinschaftliches Testament überprü­fen, empfiehlt die Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach. Möglicherweise sind weitreichende Anpassungen erforder­lich.

Individuell auf Familiensituation abstimmen

Ein Ehegattentestament will gut überlegt sein. Jede Familiensituation erfordert indi­viduell abgestimmte Regelungen. Je höher und vielfältiger die Vermögenswerte sind, desto mehr erb- und steuerrechtliche Aspekte sind zu bedenken. Besonders hoch ist der Handlungsbedarf naturgemäß bei vielen Führungskräften und Unterneh­men sinhabern. Problematisch ist, dass ein Ehegattentestament bindend ist. Werden nach dem Tod des Erstverstorbenen Konst­ruktionsfehler offenbar, kann der Partner die gemeinsamen testamentarischen Verfü­gungen oft nicht umfassend ändern und an seine neuen Lebensumstände anpassen.

An die Plichtteilsklausel denken

Leicht übersehen Eheleute beim Berliner Testament, dass sie ihre Nachkommen enterben. Kinder können dann ihren Pflichtteil einfordern, was den überlebenden Ehegat­ten in große finanzielle Schwierigkeiten bringen kann. Häufig muss der zurückge­bliebene Ehepartner die gemeinsame Immobilie verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Um dies zu vermei­den, sollte das Testament grundsätzlich eine so genannte Pflichtteilsklausel enthalten. Sie macht es für die Kinder un attraktiv, den Pflichtteil zu beanspruchen. Denn andern­falls erhalten sie nach dem Ableben des zweiten Ehepartners vom gesamten Nach­lass ebenfalls nur den Pflichtteil.

Wiederverheiratungsklausel

Konfliktträchtig in der Familie ist auch, wenn der überlebende Ehegatte wieder hei­ratet. Laicht befürchten Kinder dann, dass der angeheiratete Partner beim Ableben des Elternteils seinenAnspruchaufden Pflicht­teil geltend macht. Abhilfe schafft eine so genannte Wiederverheiratungsklausel, die regelt, dass bei einer erneuten Verheiratung des überlebenden Gatten die Kinder auto­matisch ihren Erbteil erhalten.

Steuervorteil sichern

Vermögenswerte sind für Ehepartner biszu 500.000 Euro und für Kinder bis zu 400.000 Euro steuerfrei. Auf den darüber liegenden Betrag wird Erbschaftsteuer fällig. Da bei einem Berliner Testament das Vermögen zunächst auf den anderen Ehegatten über­geht und die Kinder enterbt werden, droht eine tückische Steuerfalle: Der steuerliche Freibetrag nach dem Erstverstorbenen geht verloren. Wenn die Nachkommen nach dem Tod des zweiten Elternteils erben, erfolgt meist eine doppelte Besteuerung desselben Vermögens. Zudem besteht auf­grund der Progressionswirkung die Gefahr einer insgesamt höheren Besteuerung.

Möglicher Ausweg: Ein aktuelleres Gerichtsurteil des Bundesfinanzhofs (Az. II R 47/11) bietet für Betroffene ein enormes Steuersparpotenzial. Erben können ihren Pflichtteil und damit auch den steuerlichen Freibetrag noch nach dem Tod des zweiten Elternteils rückwirkend retten. Hierzu soll­ten sich Betroffene mit ihrem steuerlichen Berater abstimmen und gegebenenfalls rechtzeitig Einspruch beim zuständigen Finanzamt einlegen.

Rat der WWS: Eheleute sollten die Vor- und Nachteile des Berliner Testaments sorg­fältig abwägen und Modifikationen sowie alternative Lösungen in Betracht ziehen. Sollen nachdem Ableben des Erstverstorbe­nen etwa statt dem Ehepartner die Kinder erben, lässt sich der länger lebende Ehegatte mit einem Wohn- und Nießbrauchsrecht absichem. In jedem Fall aber sollten Betrof­fene einen Experten zu Rate ziehen, der das Testamentaufmögliche Schwach-stellenhin prüft und die Regelungen mit den individu­ellen Verhältnissen in Einklang bringt.

Quelle: Wirtschaftsmagazin für den Hautarzt

 

Korrespondenz mit:

Dr. Stephanie Thomas

Dr. Stephanie Thomas
Rechtsanwältin / Steuerberaterin
Fachanwältin für Steuerrecht
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