01.2012

Scheidung: Ein Ehevertrag kann die Praxis retten

Zum Zugewinn zählt auch der immaterielle Praxiswert.

Stephanie Thomas

Bei selbstständigen Ärzten kann ein Zugewinnausgleich nach Ehescheidung den wirtschaftlichen Nerv der Praxis empfindlich treffen. Dieser Beitrag erläutert, welche Aspekte zu beachten sind und wie man z. B. mit einem Ehevertrag für den Fall der Fälle vorsorgen kann.

Lassen sich Niedergelassene scheiden, kann ein Zugewinnausgleich anstehen, wenn sie während der Ehe einen größeren Vermögenszuwachs hatten als ihr Ehepartner. Um den finanziellen Ausgleich zu ermitteln, wird zunächst der persönliche Zugewinn jedes Ehepartners berechnet und dann der Differenzbetrag den Ehegatten jeweils hälftig zugewiesen. Für die Arztpraxis bzw. die betroffene Berufsausübungsgemeinschaft kann das weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen bedeuten.

Auch immaterielle Werte zählen zum Zugewinn

Für die Ermittlung des Zugewinns sind nicht nur materielle Werte maßgeblich. Auch immaterielle Werte erhöhen das persönliche Vermögen, so der Bundesgerichtshof (BGH) jüngst in einem Urteil (Az. XII ZR 40/09). Deshalb ist bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs auch der Goodwill zu berücksichtigen, der immaterielle Praxiswert, der über die eigentlichen Vermögensgegenstände hinaus bei einer Veräußerung der Praxis oder des Anteils erzielt werden kann. Zum Goodwill zählen beispielsweise der Patientenstamm, Standortfaktoren oder auch der gute Ruf der Praxis.

Gerade bei Niedergelassenen bestimmt der persönliche Einsatz den Praxiserfolg maßgeblich. Da dieser personengebundene Faktor quasi unveräußerbar ist, muss bei der Berechnung des Goodwills nach Auffassung des BGH ein nach individuellen Verhältnissen bemessenes Arztgehalt ermittelt und vor der Berechnung des Zugewinnausgleichs vom Arztvermögen abgezogen werden.

Zugewinnausgleich kann die Praxis in Gefahr bringen

Durch die Berücksichtigung des Goodwills kann sich der Zugewinnausgleich bei Freiberuflern maßgeblich erhöhen. Da der Goodwill in der Praxis gebunden ist und erst bei einer Veräußerung ebendieser zu liquiden Mitteln wird, können Niedergelassene im Scheidungsfall zum wirtschaftlich unsinnigen und steuerlich belastenden Verkauf der Praxis bzw. ihres Anteils an einer Berufsausübungsgemeinschaft gezwungen sein. Es sei denn, sie können das Geld für die Ausgleichszahlung anderweitig aufbringen. In vielen Fällen gefährdet der Zugewinnausgleich nicht nur die Existenzgrundlage des Betroffenen, sondern belastet auch das Verhältnis zu den Praxispartnern über die Maßen.

Vorbeugen: durch modifizierte Zugewinngemeinschaft

Um sich vor unerwünschten Folgen zu schützen, sollten selbstständige Ärztinnen und Ärzte, die verheiratet sind oder dies planen, ihr ausgleichspflichtiges Vermögen begrenzen — ohne den Ehegatten jedoch komplett von der betrieblichen Vermögensbildung auszuschließen. Es gilt, einen gerechten Ausgleich der Interessen zu finden. Deshalb wird in Eheverträgen heute vielfach die sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbart, die individuell angepasst werden kann.

Ehepartner können z. B. das gesamte in der Praxis gebundene Vermögen oder auch nur den Goodwill aus dem Zugewinnausgleich ausschließen. Um Bewertungsstreitigkeiten zu vermeiden, kann der Ausgleichsanspruch auch konkret definiert werden, etwa auf den Abfindungsanspruch, der im Praxisgesellschaftervertrag festgelegt ist und den Goodwill meist ohnehin ausschließt. Eine weitere Option ist, den Zugewinnausgteich für den Todesfall beizubehalten, für den Fall der Scheidung aber auszuklammern. Parallel kann der „benachteiligte" Ehegatte anderweitig abgesichert werden, etwa durch eine Kapitallebensversicherung.

Fazit

Betroffene Paare sollten bestehende Eheverträge prüfen und gegebenenfalls anpassen. Wer noch keinen Ehevertrag hat, kann dies notariell nachholen. Dabei sollten Niedergelassene immer auch bestehende Gesellschafterverträge der Praxis sowie Nachfolgeregelungen im Blick haben. Denn Vereinbarungen können sich unter Umständen gegenseitig aushebeln.

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